Tipp Drei – Denken in Filmen:
Ein Bühnenbild kreieren, das zur Leserschaft passt
Wenn die Haltung derer stimmt, die ein Buch schreiben wollen, dann betreten wir nun, je nach Geschmack, entweder ein Theater oder ein Kino. Bei der gedanklichen Reise lassen wir uns also auf einem Theatersitz oder in einem Kinosessel nieder, um uns unterhalten zu lassen. Und damit haben wir soeben die Perspektive unserer Leserschaft eingenommen. Sehen diese eine gesellschaftskritische Bühnenshow? Oder eher eine Komödie, die für den Mainstream produziert wurde?
Was wird den Menschen präsentiert, die unser Buch in die Hand nehmen und mit dem Lesen beginnen? Wer bei dieser Frage stockt, erinnert sich daran, dass es unterschiedliche Genres gibt: Irgendwann wird die Entscheidung fällig, ob man ein Sachbuch schreibt oder stattdessen einen Roman verfasst.
Wir bleiben noch ein wenig in den Unterhaltungslokalitäten. Denn beide Säle haben eines gemeinsam: Sie konfrontieren das Publikum mit der ersten Szene. Springt ein Akteur wild auf die Bühne und treibt das Adrenalin der Besucherschar nach oben? Oder wird in der romantischen Komödie zunächst ein liebenswerter Tölpel dargestellt, der ohne Worte auskommt und man trotzdem weiß, in welche Schublade man ihn stecken kann?
Was auch immer dargestellt wird, wurde von Autorinnen und Autoren erdacht. Und wenn ein Buch geschrieben werden soll, dann ist es erforderlich, ähnlich zu denken. Ob Biografie oder Erfahrungsbericht, ob Ratgeber oder Sachbuch, ob Roman, Jugendbuch oder Erotikthriller – jedes Buch fängt ebenfalls mit der “ersten Szene” an.
Und diese zu beschreiben, kann sich anfangs ausufernd anfühlen. Wir erinnern uns: Die Augen der Leserschaft tasten wie ein Barcodescanner Zeile für Zeile ab. Leserinnen und Leser sind völlig unwissend. Es ist ratsam, davon auszugehen, dass sie Autor oder Autorin nicht kennen und ebenso wenig deren Herkunft, Geisteshaltung, Erfahrungen, Präferenzen, und so weiter.
Stattdessen baut sich durch präzise Beschreibungen vor dem geistigen Auge der Leserschaft ein Bühnenbild oder eine Filmkulisse auf.
Präzise beschreiben, auch wenn es banal erscheint.
Wenn in einem Buch lediglich von „einem Tisch“ die Rede ist, fällt es der lesenden Person schwer, einzuordnen, um welchen Tisch es sich handelt. Etwas aussagekräftiger wäre hier schon der „Holztisch“.
Um jedoch der Vorstellungskraft des Lesers ultimativ zu entsprechen und dabei zu helfen, ein geistiges Bild zu entwerfen, sollten weitere Merkmale hinzugefügt werden: Wie wäre es mit der Beschreibung eines vier Meter langen Konferenztisches mit furnierter Zedernholzplatte auf einem anthrazitfarbig lackiertem Metallgestell mit einem Gesamtgewicht von 380 Kilogramm? Weil ein solcher Klopper wohl kaum in eine Studentenbude passt, wird es sich demnach hier eher um einen Geschäftsraum handeln, an dem es gleich ans Eingemachte geht, sofern der Schreiberling dies vorsieht.
Das Medium Buch ist im Gegensatz zu Film oder Musikstück extrem langsam und behäbig. Auch wenn sich die gefühlte Geschwindigkeit eines Textes durch unterschiedliche Satzlängen steuern lässt. Mehrere Sätze hintereinander mit weniger als vier Worten wirken hektisch. Lange Sätze hingegen vermitteln Ruhe und können bei übermäßiger Länge sogar ermüdend und einschläfernd wirken. Mit diesem Wissen können Autorinnen und Autoren die Leserschaft in Schach und bei Laune halten.
Dennoch kommt niemand, der ein ordentliches Buch schreiben will, um Beschreibungen drumherum. Sparsamkeit in den Details führen zu Verständnislücken. Umso präziser beschrieben wird, desto besser können die Lesenden sich orientieren.
Wer ein Buch schreiben möchte und noch keine Idee hat, wo die Handlung startet, kann sich zum Beispiel bei einem Streamingdienstanbieter seiner Wahl einen Film ansehen und diesen, mit Stift und Zettel ausgerüstet, analysieren. Szene für Szene aufschreiben, was man entdeckt, hilft dabei, die Beobachtungsgabe zu schulen und präzise formulieren zu lernen.
Statt dabei die Namen der Darsteller und Schauspielerinnen zu notieren, reicht es, sich auf die Handlung zu fokussieren und nur von Mann und Frau zu sprechen. Gelingt es angehenden Schreiberlingen, die Handlung so zu erfassen und schriftlich zu fixieren, dass Freunde oder Familie erraten können, aus welchem Film die jeweilige Szene stammt, ist damit die Übung abgeschlossen.
Tipp Vier – Wer sprechen kann, kann auch ein Buch schreiben
Relevante Ideen durch intelligente Recherche
„Du darfst zwar alles essen, aber nicht alles wissen“, lautet ein deutsches Sprichwort, das ins Antiquariat gehört. Es hat sich längst überholt. Wer ein Buch schreiben will, darf und muss alles wissen. Denn es geht ja darum, der Leserschaft neue Perspektiven und ungewöhnliche Ideen anzubieten.
Es geht darum, Bücherwürmer zu unterhalten und Menschen, die auf der Suche nach Lösungen sind, die passenden Informationen zu liefern: Spannung, Lesespaß und Überraschungen. Die Liste der Attribute, wie ein gutes Buch wirken sollte, kann beliebig erweitert werden. Doch die Fragen, die sich hier nun aufdrängen lauten:
1) Woher beziehe ich meine Informationen?
2) Wie überprüfe ich, ob das was ich schreibe meiner Zielgruppe gefällt?
3) Welchen Anspruch haben meine Leserinnen und vor welchen Herausforderungen stehen die Leser?
Die Antworten findet man, wenn man mit denen spricht, für die man schreibt.
Beispiel Eins:
Ein Sachbuchautor, der das Thema Finanzen neu denken und es Jung und Alt in Buchform anbieten möchte, kann in seinem Netzwerk nach interessanten Interviewpartnerinnen und – partnern suchen und die Gespräche mit ihnen aufzeichnen, um die Inhalte weiterzuverarbeiten.
Das können entweder Personen sein, die erhebliche Schwierigkeiten haben, die eigene Situation in den Griff zu bekommen und für Tipps und Hinweise dankbar sind. Es können aber auch Branchenkollegen sein, die zu einem bestimmten Thema mehr wissen oder eine andere Meinung vertreten.
Kontraste und Reibungen durch unterschiedliche Ansichten, bringen Spannung ins Buch.
Beispiel Zwei:
Wenn eine Romanautorin einen Reisekrimi schreiben möchte und darauf angewiesen ist, die Gegebenheiten anderer Länder zu erfahren, kann sie sich selbstverständlich Reiseberichte im Netz ansehen.
Eine clevere Entscheidung kann es jedoch auch sein, wenn sie ihr Vorhaben, ein Buch schreiben zu wollen, in ihrem Netzwerk publik macht. Damit tut sie sich gleich zwei Gefallen: Einerseits gibt es durch diese Art der Selbstverpflichtung kaum einen Weg zurück, weil ab diesem Zeitpunkt alle Informierten auf das Buch der Autorin warten. Andererseits beginnt damit schon das Buchmarketing, das hier im weiteren Verlauf noch einmal gesondert Erwähnung finden wird.
Die Qualität der Fragen bedingt die Qualität der Antworten.
Sie, die Romanautorin, erzählt ihren Gesprächspartnern, dass sie ein Buch schreiben möchte und auf der Suche nach Input ist. Sie fragt Familie und Freunde, Bekannte und Kollegen, den eigenen Chef oder im Reisebüro um die Ecke, welche Eindrücke den Befragten in Erinnerungen geblieben sind. Zum Beispiel so:
- „In welchen Ländern bist du schon gewesen?“
- „Was war dein skurrilstes Erlebnis dort?“
- „An welchen Orten hast du dich besonders wohl gefühlt?“
- „Und warum?“
- „An welchen Ort würdest du nicht mehr zurückkehren, weil es dort einfach zu gefährlich war?“
Beispiel Drei:
Das dritte Beispiel für erfolgreiche Buchinterviews ist sehr konkret. Es handelt sich um das Buch von Udo Barth, einem Verkaufstrainer aus Süddeutschland und dem Inhaber der AmmerseeAkademie. In „Die Menschen lieben Geschichten – Personalgewinnung des 21. Jahrhunderts mit Storytelling und Social Media“ gibt der Autor Einblicke in unterschiedliche Branchen: Industrie, Gastronomie, IT, Pflege und Handwerk.
Fachleute aus diesen Branchen haben in Buchinterviews über ihre Erfahrungen Auskunft gegeben und Wissen beigesteuert, wodurch der Businessroman erst entstehen konnte. Das Buch ist eine Mischform aus Erfahrungsberichten und fiktiven Geschichten, die Personalverantwortlichen als Inspirationsquelle für die Mitarbeitergewinnung angeboten wird.